Geht es nach einem Fernsehbeitrag, in welchem wir eher zufällig und ohne Ambitionen hineingeraten sind, ist Nordmazedonien eine der aufstrebenden Tourismusregionen Europas.
Nach Meinung der Fernsehjournalisten liegt das vor allem an den günstigen Preisen – zumindest wollen die Interviewfragen genau diese Antwort herauskitzeln. Wir können das sicher bestätigen, aber möchten Nordmazedonien und insbesondere die Ohridsee-Region nicht auf das günstige Preisnievau reduzieren.
Wir spüren sofort die (süd)osteuropäischen Schwingungen. Ich fühle mich sofort an meine Reisen durch Russland / Osteuropa erinnert: gastfreundliche Menschen, eine Begrüßung mit Schnaps, Popmusik im Restaurant, kyrillische Buchstaben, deren Reihenfolge ich sogar einen Sinn entlocken kann und die unverwechselbare Art, Städte zu bebauen und touristische Attraktionen zu gestalten
Trotz der ungewohnt kalten Witterung – vermutlich haben wir erstmals seit Beginn unserer Reise kältere Temperaturen als in Deutschland, was nicht verwunderlich ist, da der Ohridsee auf 700m N.N. liegt – nehmen wir uns vier Tage Zeit, die Gegend mit Rad, Fahrzeug und zu Fuß zu erkunden. Unerwartet stellt sich heraus, dass Radfahren in Nordmazedonien üblich ist und sogar großzügige Radwege existieren. Wir schwingen uns aufs Rad und radeln in die nächstgelegene Stadt, nach Struga. Hier empfängt uns eine Mischung aus „sozialistisch“ anmutenden Wohnbauten und glitzernden Flaniermeilen. Wir trinken einen Kaffee am „Ausfluss“ des Schwarzen Drin aus dem Ohridsee.
Ohrid als altehrwürdiges Zentrum am Ohridsee steht natürlich auch auf unserem Programm. Die Durchfahrtsstraße lässt nicht unbedingt ein schönes Städtchen vermuten…. Dies erschließt sich nur den Fußgängern (oder Radfahrern), die sich auf den Weg in Richtung Altstadt und Festung machen. Hier lässt sich auch die Bedeutung erahnen, die Ohrid als Wegpunkt auf der Via Egnatia bereits in der Antike hatte. Wir finden hier sogar ein erhaltenes antikes Theater – vermutlich nun wirklich das letzte seiner Art auf unserer Reise. Die Altstadt mit ihrer typischen Bebauung ist auf jeden Fall einen Spaziergang wert. Anschließend wartet eines der vielen Restaurants direkt am Seeufer auf eien Besuch.
Doch Ohrid ruft auch Erinnerungen an mein Studium wach. Auf dem zentralen Platz die Slawenapostel Method & Kyrill sowie der heilige Kliment mit riesigen Denkmälern geehrt. Meine Zwischenprüfung vor einigen Jahren hatte das Wirken dieser Personen bei der Mission der Slawen zum Thema. Als ein Ergebnis dieser Aktivitäten entstand das kyrillische Alphabet, eine Schriftsprache, die nach einigen Kämpfen neben Hebräisch, Griechisch und Latein als sogenannte kanoische Sprache etabliert werden konnte und half, Zeugnisse des administrativen Handelns in den slawischen Gebieten nicht nur auf der Balkanhalbinsel seit dem frühen Mittelalter als Teil des historischen Gedächtnisses zu bewahren. Ich freue mich, dass ich mein Wissen über die historischen Zusammenhänge wieder auffrischen kann.
Weitere Ausflüge führen uns in die „Bucht der Knochen“ – ein Freilichtmuseum einer rekonstruierten Pfahlbausiedlung. Die Reste der Pfahlbauten im Ohridsee können tauchend erkundet werden. Statt eigener Tauchaktivität begnügen wir uns mit dem Beobachten der Tauchanfänger, welche über das Ausgrabungsgelände schweben.
Ein Besuch des Ohridsees ist nicht komplett ohne einen Abstecher zum „Kloster des Heiligen Naum“. Üblicherweise erfährt man Sveti Naum wohl mit dem Boot von Ohrid und verbringt dann 2,5 Stunden auf dem freizeitparkähnlichen Klostergelände, wo Bootstouren zur Quelle des Schwarzen Drin angeboten, Restaurants und Cafés auf Gäste warten und zahlreiche Souvenirläden Andenken verkaufen. Wir entscheiden uns gegen die insgesamt 6-stündige Bootstour und schauen uns das beliebte Ausflugsziel aus der Nähe an. Wenig erinnert an ein orthodoxes Kloster – einzig eine kleine Kirche mit alten Fresken und ein paar Männer mit langen Bärten erwecken zumindest den Eindruck, dass wir ein Kloster besuchen. Nach einer kurzen Wanderung zu den Quellen des Schwarzen Drin kehren wir dem Kloster dann auch schon den Rücken.
Nach der Rückkehr zum Campingplatz begrüßt uns bereits das RTL-Fernsehteam. Die Jungs möchten unbedingt ins Fernsehen und nutzen jede Gelegenheit ins Bild zu huschen. Für ihre Hartnäckigkeit werden sie schließlich belohnt und wir werden gefragt, ob wir nicht für ein kurzes Interview bereitstehen. Für Rino, unseren engagierten Campinghost, erklären wir uns bereit – nichtsahnend, dass nicht die ausführlich interviewten Mitreisenden aus der Schweiz, sondern die deutsche Familie ihren Weg in die RTL-Sendung findet. Das Ergebnis ist durchaus akzeptabel – auch wenn von 15 Minuten Antwort lediglich 1-1,5 Minuten ausgestrahlt werden. Eine letzte Nacht in Nordmazedonien. Am nächsten Tag erwartet uns Albanien.
Kommentar (3)
Sandra| Juni 11, 2021
Toller Reisebericht! Das Fernsehteam war bestimmt so angetan von euch, dass noch eine Homestory im Herbst aus Großziethen folgt!!!
die Wellenbrecherin| Juni 11, 2021
Die Homestory gab es ja vor einiger Zeit schon, nur andere Welle 😉
Sandra| Juni 11, 2021
Ach, stimmt ja! Hatte ich ja gesehen.. na das nächste Fernsehteam steht bestimmt schon hinter der nächsten Ecke 😊👍