Die Kenterboje, Segelerfahrungen II

Eine letzte kleine Ausfahrt in der Bucht von Vivari, das Boot abbauen, Salzwasser abspülen und für die Weiterfahrt verpacken – das war der Plan für den Nachmittag unseres letzten Tages auf Camping Lefka. Es kam dann etwas anders, und das liegt nicht zuletzt daran, dass ich die Kenterboje nicht montiert habe…

Das Kentern ist bei kleineren Sportsegelbooten und insbesondere Katamaranen durchaus Teil des „Gesamterlebnis“, dabei spielt die Kenterboje eine nicht ganz unwichtige unwichtige Rolle. Es macht einen großen Unterschied, ob das Boot kentert, also um 90 Grad kippt und der Mast danach auf dem Wasser liegt. Oder ob das Boot durchkentert, also um 180 Grad kippt (somit auf dem Kopf steht), was das Aufstellen ohne fremde Hilfe nur noch sehr schwer möglich macht. Die Kenterboje ist ein an der Mastspitze befestigter Auftriebskörper, verhindert das Durchkentern und erleichtert das erneute Aufstellen.

Aber fangen wir vorne an, auch wenn ihr sicherlich schon ahnt, was jetzt kommt… Der Wind ist erneut wechselhaft und böig, die Grundwindgeschwindigkeit ist dabei mit 8 bis 10 Knoten eher gering, hin und wieder rauschen aber heftigere Böen mit 25 und mehr Knoten durch die Bucht. Da ich nur eine kleine letzte Runde drehen will, klemme ich mir die Montage der Kenterboje, schließlich hätte ich dazu erst den Mast runternehmen müssen und die Zeit verbringen ich dann doch lieber auf See. (bad idea #1)

Ich segele anfangs auch erstmal ganz defensiv nur mit dem Hauptsegel los. Nachdem ich nach einigen Schlägen aufgrund der geringen Grundwindgeschwindigkeit aber nie so richtig Fahrt aufnehme, werde ich mutig – oder sagen wir besser unvorsichtig – und setze zusätzlich das Vorsegel. (bad idea #2). Das macht sich in puncto Speed schon deutlich besser, aber bereits kurz nach der nächsten Wende realisiere ich, dass bei den stärkeren Böen dann doch zu viel Segelfläche im Wind ist. Ich überlege, ob ich das Vorsegel wieder bergen soll, beschließe dann aber zunächst mit einer Halse wieder Kurs auf den Campingplatz zu nehmen und alles weitere auf dem Rückweg zu regeln (bad idea #3). Im Augenblick der letzten Halse erwischt mich dann eine Böe, während gleichzeitig eine Welle das Heck anhebt. Ähnliche Beschleunigungsmomente kannte ich bisher eher aus Achterbahnfahrten und nach meinem ungewollten Abflug tauche ich kurz später – jetzt allerdings ohne Basecap und Sonnenbrille – wenige Meter neben dem Boot wieder auf. Die beiden Rümpfe und das Trapez des Bootes sehen fast aus wie immer, nur der Mast fehlt, denn der zeigt jetzt nicht mehr in den Himmel, sondern mit beiden gesetzten Segeln Richtung Meeresgrund…

Ich schwimme zunächst um das Boot und peile die Lage. Plan A ist das Wiederaufstellen vor Ort. Ich löse dazu die hinteren Leinen von Vor- und Hauptsegel und versuche mich dann oben auf dem Rumpf an einigen Aufstellversuchen mit der Kenterleine. Mir wird relativ schnell klar, dass das allein kaum gelingen wird und versuche mit Plan B das Boot in Richtung Strand zu bewegen. Am einfachsten geht das natürlich mit dem Motor. Die Schraube des kleinen Außenborders zeigt allerdings jetzt in den Himmel, so dass ich den Motor zunächst andersherum wieder anbaue. Leider scheint dem Motor die Tauchfahrt nicht bekommen zu sein und er meldet einen Fehlercode. Jetzt also Plan C, ich mache mich daran, das Boot schwimmend wieder Richtung Strand zu bewegen, was mit dem Wind im Rücken sogar halbwegs funktioniert. Mittlerweile wurde auch am Strand bemerkt, dass ich zwar nicht in akuter Seenot bin, eine Weiterfahrt aber ohne weiteres nicht möglich ist. Ich klettere also erneut auf das Trapez und signalisiere mit Handzeichen, das bei mir alles in Ordnung ist, gleichzeitig aber Hilfe durchaus erwünscht ist. Nadine scheint den Fischer aktiviert zu haben, der kurz darauf mit seinem Boot bei mir ist, eine Leine rüberwirft und mich dann Richtung Strand zieht.

Durch die Schleppfahrt und den seitlichen Wasserdruck werden Mast und Segel im Wasser ein wenig in Richtung Oberfläche angehoben, so dass es mir kurz vor dem Strand gelingt, mit Hilfe der Kenterleine das Boot wieder aufzustellen. Uff! Geschafft, denke ich! Jetzt mache ich allerdings eine weitere Kenter-Erfahrung. Denn beide Segel stehen nach dem Aufstellen des Bootes sofort wieder im Wind und während ich noch versuche die Leinen zu entheddern, nimmt das Boot erneut Fahrt auf und es kostet nochmal einiges an Zeit und Kraft, bis es endlich am Strand liegt und abgebaut werden kann.

Der Moment des Aufstellens des Bootes wurde in einem kurzen Video festgehalten.

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