Ich war und bin sehr begeistert von der Idee, unsere Ziele nicht nur von der Landseite, sondern auch seeseitig erleben und erkunden zu können. Gleichzeitig waren und sind meine Segelerfahrungen bisher gering und als eigener Skipper vor unserer Reise gleich null. Mittlerweile haben wir den einen oder anderen Törn mit „Bernd, das Boot“ in der Bucht von Finikounda, am Simos Beach auf Elafonisis und vor Vivari erlebt und dabei das eine oder andere erlebt und auch gelernt.
Zunächst die Vorgeschichte. Segeln begeistert mich seit langem und nach der coronabedingten Verschiebung unseres Sabbatical-Starts im letzten August, nehme ich im Oktober schonmal einen Monat „Vorab-Sabbatical“ und löse Nadines Geburtstagsgeschenk, ein Gutschein für einen Segelkurs in der Bretagne, ein. Ein extrem eindrucksvolles und erfahrungsreiches Erlebnis in einem anspruchsvollen Segelrevier. Dabei wird mir aber auch sehr klar, dass Segeln, insbesondere auf dem offenen Meer, viel Vorbereitung, Erfahrung, Sicherheit im Umgang mit dem Boot und Vorsicht benötigt. Bei meinen Überlegungen für den Neustart unseres Sabbaticals ist das Thema Segeln aber spätestens ab diesem Zeitpunkt im Hinterkopf und nach und nach überzeuge ich auch den Rest der „Crew“. Durch Zufall stoße ich beim Surfen im Netz auf die Grabner-Katamarane mit aufblasbaren Rümpfen, die bei sehr geringem Gewicht und kleinem Packmass sehr gut für das Segeln in Küstengewässern und Binnenseen optimiert sind. Gesagt, getan, der Katamaran wird gekauft und bereits Anfang März zur Verwunderung unserer Nachbarn – bei einer Masthöhe von 6,30m auch gut über den Gartenzaun hinweg sichtbar – in Groß-Ziethen testhalber auf dem Trockenen aufgebaut. Auch das Verpacken in den geräumigen „Kofferraum“ des Vannie klappt erstaunlich gut.
Anfang April auf dem ersten Campingplatz unserer Reise in Finikounda, kann es endlich losgehen und die Jungfernfahrt steht bevor. Die Segelbedingungen sind gut, die große Bucht liegt, von vorgelagerten Inseln geschützt, sehr malerisch an der Südspitze des westlichen Fingers des Peloponnes. Zunächst muss das Boot aber erstmal aufgebaut werden und auch hier gibt es Camping Nachbarn, die sich wundern, was da langsam auf dem Nachbarplatz heranwächst. Der Hersteller gibt eine Aufbauzeit von 30min an, wir brauchen eher 90min, auch hier muss erstmal Routine reinkommen. Als das Boot dann mit Hilfe der Crew aufgebaut und an den Strand transportiert ist, kann es losgehen. Ich bin nervös! Ich überprüfe alle Verbindungen, Knoten, Motor, Ruder, Schwert und Leinen vermutlich etwas öfter als eigentlich notwendig und dann geht es mit einem bangen Gefühl im Magen los! Der Start vom Strand durch die Dünung ist für einen blutigen Anfänger nicht ganz einfach, aber nach einigen Schlenkern greift der Wind ins Hauptsegel und ab geht die Fahrt in die Bucht von Finikounda. Es dauert eine Weile, bis ich mich traue, zusätzlich das Vorsegel zu setzen, aber auch das funktioniert erstaunlich gut und danach geht die Post ab und die Jungfernfahrt – ich kreuze etliche Male in der Bucht auf und ab – wird ein erstes Highlight meiner jungen Skipperkarriere. Dass auch nach der Rückkehr an den Strand noch Herausforderungen beim Transport auf dem Landweg lauern, hatten wir ja bereits ausführlich hier beschrieben.
Die eigentliche Herausforderung steht aber noch bevor, die ganze Familiencrew soll und will schließlich mit an Bord. Anton macht den Anfang als Vorschoter und hat die Bedienung des Vorsegels bei unseren Manövern superschnell im Griff. Am kommenden Tag hat der Wind deutlich abgeflaut, so dass wir zu viert unseren ersten gemeinsamen Törn zur Liebesbucht genießen! Natürlich wurden vor Antritt der Fahrt Rettungswesten und geeignete Segelkleidung für alle beschafft. Als weitere Sicherheitsmaßnahme haben wir einen E-Außenborder mit ordentlicher Akkukapazität und Reichweite dabei, so dass wir im Zweifel auch ohne Segel immer wieder den Weg zurück bestreiten können. Vor Abfahrt werden die netten Nachbarn auf dem Campingplatz über unsere Segelpläne informiert, es läuft dann aber alles komplett reibungslos. Das hatte ich so nicht unbedingt erwartet, umso schöner! Gleich am darauffolgenden Tag bei der Überfahrt zur Insel Schiza gibt es aber unter erschwerten Bedingungen mit sehr böigem Wind und Dünung einen Euphoriedämpfer. Wir brechen den Törn sicherheitshalber ab und kehren nach einem Drittel der Strecke zurück.
Der sehr wechselhafte Wind macht uns nicht nur Finikounda, sondern auch auf Elafonisos und in Vivari zu schaffen. Durch die vielen tief eingeschnittenen Buchten und das sehr bergige und teilweise bis zu 2.000m hohe Hinterland wird der Wind – so unsere Vermutung – an vielen Stellen auf der Peloponnes stark kanalisiert und weht daher deutlich weniger konstant als man es z.B. von Nord- und Ostsee her kennt. Aber wir lernen dazu und mit Hilfe der App „Windy“ und deutlich besserer Kenntnis der Grenzen unseres Boots, können wir mittlerweile schon etwas besser einschätzen, wann sich eine Ausfahrt lohnt und wann wir das Boot besser am Strand liegen lassen. Oder alternativ als Badeinsel nutzen.